Bluetooth Funk-Decoder von Bachmann

Bluetooth-Lok mit dem Smartphone steuern

FT-A Unit mit Bluetooth-Decoder der Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

FT-A Unit mit Bluetooth-Decoder der Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

Bereits 2014 gab der amerikanische Modellbahnhersteller Bachmann bekannt, eine Funksteuerung für Loks auf der Basis von Bluetooth auf den Markt bringen zu wollen. Dazu sollten Decoder in Kooperation mit dem ebenfalls amerikanischen Produzenten BlueRail Trains hergestellt werden.

In der zweiten Hälfte 2015 war es dann soweit: Mit dem Systemnamen E-Z App Train Control bietet Bachmann mit Bluetooth ausgerüstete Loks der Nenngröße H0 an, die mittels eines iPads oder iPhons gesteuert werden können. Inzwischen bewirbt auch BlueRail Trains einen eigenen Decoder mit Bluetooth.

Bluetooth-Decoder, Quelle: BlueRail Trains

Bluetooth-Decoder, Quelle: BlueRail Trains

Zwar kommen beide Decoder aus einem Haus, doch die Verwendung ist teils eine andere und jeder Anbieter, Bachmann und BlueRail Trains, haben eine leicht unterschiedliche Spezifikation. Die verfügbare und notwendige App ist hingegen gleich.

Welche Vor- und Nachteile bietet dieses Produkt und wie lässt es sich für die Gartenbahn nutzen?

Steuerung per App: 1, 2, 3 und los geht’s!

BlueRail Trains verweist auf die App von Bachmann, die im Apple Store kostenlos herunter geladen werden kann. Der Stand der Software verlangt Bluetooth in der Version 4, die 2009 verabschiedet wurde und seit 2011 in neueren Geräten verbaut wird.

BlueRail Trains gibt an, an einer Android-Version der Steuerungssoftware zu arbeiten, die wohl schon im April herauskommen soll.

Die App kann laut BlueRail Trains über Bluetooth beliebig viele Loks verwalten. Die Bedienung erfordert nur wenige Schritte:

  1. Nach dem Herunterladen und der Installation der Software
  2. wird die ausgerüstete Lok auf die Gleise gestellt und mit Strom versorgt. Nach kurzer Zeit wird sie und alle anderen verfügbaren Loks in einer Liste angezeigt.
  3. Nun kann das gewünschte Fahrzeug ausgewählt und sofort in Betrieb genommen werden. Weitere Einstellungen oder Eingaben sind laut Hersteller nicht notwendig.

Ein Produktvideo von Bachmann (Quelle: Youtube):

Die App im Detail

Die Bedienoberfläche ist sehr übersichtlich aber mit Freude am Detail gestaltet. Es gibt als Taster dargestellte Schaltflächen für Sound (kurzes und langes Hornsignal, Glocke), Licht (Frontlampen an und aus) und Lok- bzw. Notstopp der ganzen Anlage. Der  Geschwindigkeitsregler ist als großer Hebel oder Knopf gestaltet, der durch Antippen der oberen oder unteren Skala bewegt wird und so die Lok schneller oder langsamer fahren lässt. Zur Richtungsänderung muss die Lok zum Stillstand kommen. Dann kann mit einer Schaltfläche die Fahrtrichtung gewählt werden.

Jede Lok erhält zwar eine eigene Oberfläche, zwischen denen durch Buttons gewechselt wird, aber es können auch mehrere Bediendisplays nebeneinander dargestellt werden, so dass diese gleichzeitig im Blickfeld liegen und gesteuert werden können liegen.

Über eine weitere Schaltfläche gelangt man in die möglichen Grundeinstellungen der jeweiligen Loks:

  • Der Name der Lok mit bis zu 20 Zeichen;
  • die Wahl ob Diesel- oder Dampflok-Sound, wobei Bachmann selbst zur Zeit nur Dieselloks mit Bluetooth ausrüstet;
  • Beschleunigungs- und Verzögerungsverhalten können getrennt eingestellt werden;
  • Die Endgeschwindigkeit (Switcher/Rangierlok mit 25 mph/ca. 40 km/h – Freight/Güterzug 60 mph/96 km/h – Passenger/Passagierzug 80 mph/128 km/h – Full Speed 120 mph/193 km/h);
  • Aussehen der Bedienoberfläche (Classic, Retro, high-Tech);
  • Verfügbares Update für die Decoder-Firmware;
  • Anzeige der App-Version.

Neue Firmware für den Decoder wird mittels Bluetooth übertragen. Ein Öffnen der Loks ist somit nicht notwendig.

Soll eine Lok mit einen herkömmlichen Fahrregler und Gleichstrom gesteuert werden, wird der  Fahrregler ganz aufdreht und die Lok auf das Gleis gestellt. Nachdem der Fahrrichtungsbutton innerhalb von 5 Sekunden viermal gedrückt wurde, stellt sich der Decoder auf Gleichstrombetrieb um.

Einfache Weitergabe der Lok an einen anderen Bediener

Will man das Fahrzeug an ein anders Bluetooth-Gerät weitergeben, muss lediglich die Funkverbindung per spezieller Schaltfläche gelöst werden. Die Lok erscheint wenig später auf allen mit der Bachmann-App ausgestatteten Geräten in der Übersichtsliste verfügbarer Loks und kann so von einen anderen Lokführer ausgewählt und übernommen werden. Nachdem die neue Verbindung hergestellt und gesichert ist, ist die Lok wieder für andere Mitspieler gesperrt. Eine neuerliche Übergabe erfolgt auf gleicher Weise wie eben beschrieben.

Bachmann E-Z App Train Control

Zugset mit EMD FT-A Unit von Bachmann, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

Zugset mit EMD FT-A Unit von Bachmann, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

Unter dem Label E-Z App Train control werden Startsets und einzelne Diesel-Loks von Bachmann vertrieben. Der Preis  im Bachmann-Shop für ein Startset der Nenngröße H0 beträgt 299 US-Dollar (ca. 270 EUR) und beinhaltet eine US-Diesellok, drei Wagen und ein Schienenoval . Das mitgelieferte 110-V-Fahrregler eignet sich allerdings nicht für das europäische Stromnetz.

EMD GP35 mit Bluetooth-Decoder von Bachmann, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

EMD GP35 mit Bluetooth-Decoder von Bachmann, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

Einzelne US-Dieselloks werden von Bachmann für 219 US-Dollar (EMD FT-A Unit, ca.  197 EUR)  bzw. 239 US-Dollar (ALCO RS-3 oder  EMD GP35, ca. 215 EUR) im eigenen Shop angeboten. Je Modell gibt es Farbvarianten verschiedener Bahngesellschaften.

ALCO RS-3, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

ALCO RS-3, Nenngröße H0, Quelle: Bachmann

Die H0-Loks können bei einer Spannung von 16 bis 19 V mit Gleich- oder DCC-Strom betrieben und wahlweise per Bluetooth oder per analogen Fahrregler mit Gleichspannung gesteuert werden.
Bachmann gibt die Reichweite der Funksteuerung mit 100 ft (ca. 30 m) an.

BlueRail Train Control

Der Decoder ist vornehmlich für die Nenngröße H0 gedacht und verfügt daher nur über vier Funktionsausgänge für je 20 mA bei 12 V. Das genügt gerade für LEDs oder um Relais nachzuschalten. Der Motorausgang ist bei 9 – 24 V mit 1,2 A Dauerstrom allerdings stark genug, um einmotorige Gartenbahnloks zu betreiben. Er verträgt am Motorausgang Stromspitzen bis 8 A (einige Sekunden) oder auch 2 A über 15 Sekunden. Der Decoder misst 28 x 58,6 x 5 mm, so dass er in große Loks der Nenngröße H0 verbaut werden kann  aber auch in kleine Gartenbahnloks passt.

BlueRail Trains wirbt mit der Möglichkeit, einen akkubetriebenen Bluetooth-Minilautsprecher parallel zum Decoder betreiben zu können, so dass die Sounds aus der Lok oder einen so ausgestatteten Beiwagen ertönen können.

Der Listenpreis ist 75 US-Dollar (ca. 67 Euro) plus Steuern und Versand. Die Reichweite beträgt laut BlueRail Trains im Freien bei einer Lok mit Plastikgehäuse 150 ft (ca. 45 m), bei einem Messinggehäuse immer noch 100 ft (ca. 30 m).

Exkurs: Bluetooth

Bluetooth ist ein Funkstandard im 2,4 GHz-Band, den es seit  den 1990er Jahren gibt und der in vielen Geräten verbaut wird, die eine sichere Funkverbindung auf kurze Distanz aufbauen sollen: Kopfhörer, Smartphone und Tablets, Aktivboxen, Kommunikationssysteme für Motorradfahrer und -beifahrer bzw. zwischen Motorrädern und Bediengeräte von Spielekonsolen, um einige Beispiele zu nennen.
Vorrangig ist Bluetooth für die Übertragung von Daten und Sprache gedacht, wurde aber in der Übertragungsgeschwindigkeit mit der Zeit angepasst, so dass theoretisch bis zu 24 Mbit/s möglich sind. Der Datenfluss erfolgt dabei in beide Richtungen.

Die Reichweite ist in drei Klassen unterteilt und richtet sich nach der Sendeleistung:

  • Klasse 1 mit einer Sendeleistung von 100 mW und ca. 100 m Reichweite
  • Klasse 2 mit 2,5 mW mit 10 m im Haus bis 50 m im Freien
  • Klasse 3 sendet mit 1 mW auf 1 m (im Haus) bis zu 10 m im Freien.

Durch ein extrem schnelles Springen zwischen den Sendefrequenzen (bis zu 1600 Mal in der Sekunde) ist  eine Verbindung über Bluetooth sehr robust und lässt sich durch andere Geräte, die ebenfalls auf diesem Frequenzband funken (WLAN, R/C),  kaum stören.
Die Bluetooth-Funkverbindung ist recht sparsam im Stromverbrauch, da die Geräte über drei Stromspar-Modi verfügen, während derer sie den Kontakt halten und so jederzeit wieder aktiviert werden können.
Der Standard wird in Abständen den Gegebenheiten angepasst. Das von BlueRail Trains entwickelte und von Bachmann  als E-Z App Train Control vertrieben System benötigt Bluetooth Vers. 4 (Beschluss 2009, Einführung ab 2010/2011), wobei diese schon seit einigen Jahren in den entsprechenden Geräten verbaut wird. Die Version 4 ist nicht abwärtskompatibel. Die neueste Version 4.3 wurde 2013 beschlossen.

Decoders von BlueRail Trains, Quelle: BlueRail Trains

Schema des Bluetooth-Decoders von BlueRail Trains, Quelle: BlueRail Trains

Fazit

Bachmann und BlueRail Trains präsentieren mit diesem Bluetooth-Decoder ein interessantes Konzept. Die Vorteile sind eine sehr einfache Handhabung und relativ geringe Kosten.
Die Inbetriebnahme und Weitergabe an andere Bediengeräte ist überaus simpel.

Der Decoder ist vor allem für den großen Modellbahnmarkt der Nenngröße H0 gedacht, der eine schnelle Amortisierung der eingesetzten Entwicklungskosten verspricht. Daraus resultiert auch die spärliche Ausstattung mit Funktionsausgängen, die mit 20 mA Strom auch für die Bedürfnisse der kleineren Nenngrößen nur sehr dürftig ausgelegt sind.
Allerdings ist der Motorausgang mit 1,2 A Dauerstrom (2 A für 15 Sekunden) auch für kleine einmotorige Gartenbahn-Loks geeignet.

Die notwendige App ist kostenlos und wird für Geräte mit dem Apple-Betriebssystem angeboten, wobei noch eine Android-Version folgen soll. Die Software stammt von Bachmann, so dass man nicht auf die Interessen eines Drittanbieters angewiesen ist. Daran sollten sich andere Hersteller, deren Decoder ein Vielfaches kosten, ein Beispiel nehmen.

Die Reichweite ist für eine H0-Modellbahn sicherlich ausreichend, für eine Anlage im Garten eher gering. Setzt man voraus, dass die Züge vom Lokführer nicht nur von einem Platz aus gesteuert, sondern wie auf Fahrtagen übleich begleitet werden,  ist die Funkreichweite wohl eher kein Problem.

Die Technik ist bidirektional, der Decoder kann also auch Daten an das Smartphone oder Tablet senden, was eine zukünftige Entwicklung in vielfältiger Weise zulässt. Unverzichtbar für ein komplettes System ist insbesondere die Weichen- und Signalsteuerung mit Rückmeldung. Denkbar ist auch die Zugortung mit Transponder (RFID).

Das Geschäftsmodell von BlueRail Trains ist auf mehr als nur einen einfachen Lokdecoder mit Bluetooth ausgerichtet. So werden weitere Decoder in Aussicht gestellt, auch mit Sound on Board. Ein erster wichtiger Schritt ist, dass man mit Bachmann einen der größten  Modellbahnhersteller weltweit ins Boot geholt hat. Dieser setzt mit dem Decoder unter dem Label E-Z App Train Control vorerst auf den einfachen Fahrspaß: Software laden, Lok auf die Gleise setzten und losfahren. Licht und Sound sind dabei eher nur zusätzliche Gimmicks.

Um daraus ein vollwertiges System zu machen, fehlen neben einer Anlagensteuerung vor allem aber auch für die Nenngröße H0 stärkere Funktionsausgänge. Ob dieser Bluetooth-Decoder mit enstprechenden Leistungsverbesserungen seinen Weg auch in den Gartenbahnsektor findet, muss abgewartet werden, denn die Großbahn stellt nur einen kleinen Teil des Marktes dar. Das Geld wird nun einmal zuerst mit den kleineren Nenngrößen verdient.

Alternative

Wer seine Lok ohne Zentrale per Funk mit Smartphone oder Tablet allerdings nur auf Android-Basis bedienen will, kann dies auch über Wifi mit dem Funksteuersystem von Train Line Train Control WLAN (zum Artikel im Blog). Apples iOS wird seitens Train Line nicht aktiv unterstützt. Der Decoder basiert auf einem Raspberry Pi, ist daher selbst für die Gartenbahn sehr groß und entsprechend schwerer in kleinen Gartenbahnloks zu verbauen.  Zudem ist der Stromverbrauch eines Raspberry Pi für reinen Akkubetrieb zu hoch. Mit einen Listenpreis von 199 EUR sind die WLAN-Decoder deutlich teurer als der Bluetooth-Mitbewerber. Für die Steuerung von mehr als einer Lok gleichzeitig wird der zugehörige Router von Train Line benötigt (Listenpreis 190 EUR), der dafür auch Weichen stellen kann. Die Funktionsausgänge vertragen bis zu 500 mA Stromstärke. Die notwendige Android-App für das Smartphone oder Tablet ist jedoch von einem Drittanbieter und kostenpflichtig.


Stand der Preise ist März 2016 entsprechend der Herstellerlisten, Angaben zzgl. Versand.

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