Während wir im ersten Teil also die heile Welt kennen gelernt haben, kann jetzt nur das Gegenteil beschrieben werden: Die Ausgeburten der Hölle, die Abgründe der Besserwisserei, frei von allem Spaß und Spiel, kurz diejenigen, die sich die Beschäftigung mit dem Vorbild als Hobby verschrieben haben.
Was ist also ein …
… Nietenzähler?
So sehen wir ihn vor uns, den verhärmten Bastler, der das Vorbild in- und auswendig kennt, der selten das Tageslicht sieht sondern nur seinen Bastelkeller, in dem die Modelle um- und überarbeitet werden, bis sie vom Vorbild nur noch im Maßstab zu unterscheiden sind. Er ist derjenige, der seinen Finger in die Wunden der Hersteller legt und ihnen zeigt, wo sie – auch nur geringfügig – geschlampt haben oder nachlässig waren.
Mag sein, dass ein Spaßbahner sich so einen Nietenzähler vorstellt, gleichwohl sieht seine Welt tatsächlich trauriger aus.
Der Nietenzähler kennt in der Tat die Vorbilder seiner Modelle und vergleicht diese zur eigenen Erbauung mit dem, was er am Vorbild sieht mit dem, was ihm der Hersteller versucht als Vorbild schmackhaft zu machen.
Das kann nicht gut gehen, denn was bei dem einen bei einem Mehr an Details überbordende Verzückung generiert, erzeugt beim anderen nur das Schreckgespenst der Kosten, die durch das Produkt niemals nicht wieder hereingeholt werden können – so jedenfalls die Begründung vieler Produzenten gegenüber der Modellbahnergemeinde.
Ärgster Feind des Nietenzählers ist der Spaßbahner, denn dieser sieht sich durch die Tätigkeit des Nietenzählers in seinem Hobby bedrängt, wenn nicht sogar gefährdet, sein Wichtigstes, den Glauben an sein Modell und seinen Hersteller und damit den Spaß zu verlieren.
Weshalb der Spaßbahner den Nietenzähler deshalb nicht einfach links liegen und gewähren lässt, bleibt allerdings allen Wissenschaftlern trotz zahlreicher Untersuchungen weiterhin ein Rätsel.
Gleichwohl stößt man in Foren jedoch auf ein besonderes Problem:
Jeder Forist ist aufgrund seiner DNA bemüßigt, alle sich dort bietenden Beiträge zu lesen, denn man könnte ja etwas verpassen, vielleicht sogar eine ausufernde Diskussion.
Daher muss der Spaßbahner auf die Produktschimpfereien der Nietenzähler stoßen. Gleichsam einem angeborenen aber mystischen Mechanismus folgend fühlt sich der Spaßbahner selbst und seine spaßige Welt in Gefahr – das ist bestimmt nicht lustig! – und es kommt zu den schon im ersten Teil angedeuteten Auseinandersetzungen und damit zum Martyrium des Nietenzählers: In die Ecke gedrängt und als solcher entlarvt, ist er einsam unter den Foristen und muss jederzeit bangen, aus den Foren ausgeschlossen zu werden, die für den Einsamen die letzte Ader zur Außenwelt bilden und die nun droht, durchtrennt zu werden. Für die verbliebenen Foristen heißt es bei Franz Joseph Degenhard so treffend:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!
Also lebt der Nietenzähler zurückgezogen, seinen Trieb mühsam unterdrückend in der ständigen Angst, entdeckt zu werden.
… Pufferküsser?
Der Pufferküsser ist der Nerd unter den Eisenbahnfetischisten. Ob das Sammeln von Devotionalien, stundenlanges zuordnen von Bildern und Registrierung, welche Roststellen an welcher Lok in welchem Jahr wo, wie und womit oder vielleicht schrecklicherweise garnicht beseitigt wurden.
Natürlich weiss der Pufferküsser, welche Aufschriften, welches Zubehör und welche Umbauten wann an den Fahrzeugen erfolgten und wird damit zum Schrecken der Modellbahnhersteller. Dieser Sonderfall des Bahnhobbyisten kann jeder Designabteilung nachweisen, ob sie Vorbildfotos verschiedener Jahre vertauscht oder seitenverkehrt benutzt haben allein durch Handauflegen an der Pufferbohle.
Er ist bei den Schachtel-, Spaß- und Spielbahnern noch weniger beliebt als der Nietenzähler, nicht etwa, weil er über dieses enorme Wissen verfügt, sondern weil er dieses aufgrund seiner Gedächnisleistung binnen Sekundenbruchteilen reproduzieren kann.
Stelle man sich dem gegenüber doch den gewöhnlichen Schachtelbahner gesetzteren Altes vor, der von seinem Einkaufsraubzug zurückkehrt und nur die Hälfte seiner Modellbahnschachteln heranschleppen kann. Die andere Hälfte der Beute konnte er nicht abtransportieren und musste sie zurücklassen, fand er sein Auto doch nicht wieder. Dies arme Opfer seiner Vergesslichkeit war an diesem Tag mit dem ÖPNV aufgebrochen …
Zusammen bilden Nietenzähler und Pufferküsser das „Duo Infernal“ der Gartenbahnwelt.
Sehr treffend, und die Einteilung kann verallgemeinert auf viele Hobbyisten angewendet werden…
Für manche ist Toleranz die Angst, der anderer könnte Recht haben…
Ein ganz hervorragender Ansatz. Der wäre fortzuschreiben wiefolgt: der Softwarebahner (schonmal „Digitale Modellbahn“ gelesen?) oder der Teppichbahner? Wo sind eigentlich bei uns die Blechbahner? Lionel auf europäisch? Ist das bei uns verschwunden seit Göhring Blechbahner war? Oder der Nostalgiebahner, der sich seine 70er Jahre LGB wieder aufbaut (Young-Timer!). Vom Dampfbahner wollen wir nicht sprechen. Schonmal eine Speisewasservorwärmung durchgerechnet? Was ist eigentlich mit dem N-Bahner? Wann ging Arnold noch gleich das erstemal Pleite…. und es geht doch weiter! Immer weiter! Faszinierend. Das sind Dialekte einer Begeisterung. Spätestens mit Pikos Ludmilla wird der Soundbahner entstehen. War bis dato Däppen noch Luxusware, wird es bald Spezies für den brutalsten Startvorgang geben. Wie schön. Mehr davon. Haben wir schon von den Gleisnaglern gesprochen? Und es gibt noch mehr…..