(Die Pfiffi ist zwichenzeitlich erschienen. Eine Vorstellung des Serienmodells findet sich hier im Blog vom 19.04.2016)
Die lang erwartete Train Line Pfiffi soll demnächst ausgeliefert werden. Aber kaum steht die Produktion an, schon scheidet sie die Geister: Train Lines Modell der Pfiffi oder einfach nur das, was man in Bünde dafür hält?
Zuerst das Positive der Train Line Pfiffi:
Train Line hat von der Mallet-Enttäuschung gelernt. So sind die Leitungen an der Lok feiner ausgeführt, die Räder entsprechen nun dem Vorbild und man sucht scheinbar den Kontakt zum Kunden.
Positiv auch die Maße, mit denen man nahe am Vorbild liegt.
Zwei Vorserienloks wurden im Netz gesichtet, eine beim Gartenbahnhändler FGB und die andere im Spassbahn-Forum (SBF). So kurz vor der Auslieferung wird aber kaum etwas geändert werden können. So lässt Meik Schröder von Train Line das SBF wissen, dass der Formenbau abgeschlossen ist und die Klischees für die Bedruckung bereits fertig vorliegen.
Lediglich an der Front des Stehkessels im Führerstand sollen der Train Line Pfiffi nach Einsprüchen der SBF-Diskutanten noch Handräder montiert werden, denn der Innenraum ist ansonsten nackt und nicht nachgebildet.
Bleibt noch ein von Train Line eingestandenes mögliche Eiern der Lok beim Fahren. Grund soll die Konstruktion der Radformen sein. An der Lösung des Problems wird laut Meik Schröder gearbeitet.
Die verpassten Chancen haben ihren Ursprung aber schon früher:
Eine wurde abermals mit dem Handmuster vertan, dass zu allen Gelegenheiten gezeigt wurde. Wie auch bei der Mallet ist dieses „Handmuster“ im eigentlichen Sinne keines, denn es ist ein Handarbeitsmodell vom niederländischen Modelbouw Boerman. Es handelt sich wie beim Handmuster der Mallet um von ihm gefertige Modelle, die von Trainline benutzt wurden, um für die eigenen Produkte zu werben, sowie auch als Vorlagen dienten. Aus Modellbauerkreisen war zu vernehmen, dass sich z.B. Unstimmigkeiten in der boermanschen Vorlage auch im Train Line-Produkt wiederfinden sollen.
Dabei soll ein Handmuster eigentlich ein Prototyp sein, anhand dem die letzten Formüberprüfungen und Funktionstests vorgenommen werden, um gegebenenfalls noch Korrekturen vor dem Formenbau vorzunehmen. Es soll außerdem dem Kunden authentisch vermitteln, wie das spätere Produkt wirkt.
Für mich hat die Zurschaustellung der boermanschen Modelle daher den Beigeschmack von Augenwischerei, denn der Kunde hat damit eben nicht einen Eindruck vom dann ausgelieferten Produkt bekommen, sondern ihm wurde lediglich eine eigenständige Modellvariante eines Modellbauers gezeigt.
Train Lines größte Chance war aber die Schaffung eines Modells, das einen positiven Meilenstein hätte setzten können. Zahlreiche Unstimmigkeiten im Modell hätten bereits in der Produktplanung vermieden werden können, vor dem Formenbau und damit prinzipiell kostenneutral. Weshalb Train Line die Hilfe von erfahrenen und mit der Pfiffi vertrauten Modellbauern nicht angenommen hat, bleibt ein Rätsel.
Auch das Zeigen des Vorserienmodells im SBF ermöglicht Änderungen nicht oder nur kaum, denn die Formen und Druckvorlagen waren zu diesem Zeitpunkt bereits erstellt. Allenfalls Lackierung und Verarbeitung wären dann noch wirklich zu verbessern.
In Bünde hat man nach der Mallet wieder einmal die Gelegenheit verpasst, zu zeigen, dass eine vorbildtreue und maßstäbliche Umsetzung auch bei einer robusten Gartenbahnlok machbar ist, ohne übertrieben an der Preisschraube zu drehen. Man hätte den Goliaths unter den Gartenbahnherstellern durchaus die Richtung weisen können.
Was hindert also einen Gartenbahnhersteller den H0- und N-Bahnen in Vorbildtreue nachzueifern? Und wieso ist es Train Line nicht möglich, z.B. die Steuerung so auszubilden, wie es LGB mit seiner inzwischen in die Jahre gekommene Rügenlok (Bestellnr. 28001) vorgemacht hat? Die Formen dieses LGB-Modells wurden immerhin vor 20 Jahren erstellt. Man könnte doch meinen, dass der technische Fortschritt zumindest das Gleichziehen ermöglichen sollte.
Sicherlich wären der Masse der Gartenbahnkunden diese Verbesserungen nicht aufgefallen, man hätte aber Modellbauer und -umbauer dazugewinnen können. Der Versuch wäre es allemal wert gewesen!
Jedenfalls scheint sich etwas beim Kaufinteresse niedergeschlagen zu haben. Bereits vor der Auslieferung sind die Preise für diese dreiachsige Lok deutlich im Internethandel gefallen und die Nachlässe gehen teils über einen guten Vorbestellrabat hinaus.
Für die Train Line Pfiffi ist ein Listenpreis von 1219 EUR in der Version mit Zimo-Sounddecoder und gepulsten Verdampfer angegeben. Beim Modellbahnshop Lippe ist sie in gleicher Ausstattung für 839 EUR zu bekommen, was einen Nachlass von 380 EUR entspricht, gut 30 Prozent des Listenpreises und das vor Produktionsbeginn!
Hat man für die Train Line Pfiffi vielleicht nur einen hohen Preis angesetzt, um dann mit Rabatten glänzen zu können oder einfach die Langmut des Marktes überschätzt? Solche Rabattsignale können sich auch ganz schnell in der Bewertung einer Marke unangenehm niederschlagen, etwas was Train Line nach der Mallet und der Pfiffi sicherlich nicht weiterhelfen würde.
Ein Beispiel, was in dieser Preisklasse auch geboten wird:
Für 10 EUR mehr kann man bei Modellbahn Renken eine LGB Rügenlok erstehen. Diese nicht drei- sondern sogar vierachsige Lok steht bei LGB für 999 EUR in der Liste (Verkaufspreis 849 EUR bei Renken) und ist damit 220 EUR im Listenpreis günstiger. Diese Lok verfügt über einen MFZ-Sounddecoder, zwar nur über einen einfachen Verdampfer, dafür aber über zahlreich angesetzte nachgebildete Leitungen und Mechanik, eine detailierte Steuerung, eingerichteten Führerstand sowie aufwändigere Farbgebung mit zweifarbig lackierten Innenraum.
Alle Preise vom 10.01.2016 im jeweiligen Shop abgerufen.
(Die Pfiffi ist zwichenzeitlich erschienen. Eine Vorstellung des Serienmodells findet sich hier im Blog vom 19.04.2016)
Hallo Holger,
beim verlinkten Modellbahnshop Lippe ist TL nicht (mehr) gelistet, und bei Renken ist die Pfiffi ausverkauft!
Gruß Thomas