Schachtel-, Spiel- und Spaßbahner und andere (Teil 1/2)

Gerade in Diskussionen um die Modelleisenbahn wird es bei Gartenbahnern mitunter recht heftig in der Auseinandersetzung. Nicht Auseinander- sondern Zusammensetzten ist ja das eigentliche Ziel einer jeden Diskussion, aber davon ist man in den eingschlägigen Foren oft sehr weit entfernt …

Da man dann gerne den Gegenüber in Schubladen sortiert, was die Vorurteile vereinfacht – nicht aber das Gespräch, liste ich einmal typische Schubladenbeschriftungen auf.

Wer hier die Nietenzähler und Pufferküsser vermisst, wird im zweiten Teil fündig.

Also aufgepasst, es folgen einige – meiner speziellen – Definitionen auf die Frage:

Was ist ein …

… Schachtelbahner?

Nein, Schachtelbahner sind im Gartenbahnbereich keine Hobbyisten, die einige Kartons hintereinander auf die Gleise stellen und denken, es wäre ein Zug.

Schachtelbahner wird genannt, wer Fahrzeuge und Zubehör für seine Modellbahnanlage vornehmlich von seinem Hersteller seines Vertrauens erwirbt und direkt aus der Schachtel verwendet.
Selbst- und Umbauer sind in diesen Kreisen selten bis garnicht anzutreffen. Die höchste Zufriedenheit wird erreicht, wenn z.B. ein bestimmter Zug mit all seinen Fahrzeugvarianten eines Herstellers über die Gleise rauscht oder die Zugsteuerung mit ihren zahlreichen Komponenten aus dem Zubehörprogramm des Lieblingsproduzenten zusammengestellt wurde.

Eine andere Definition sieht in einem Schachtelbahner einen Fahrzeugsammler, der diese in Vitrinen und/oder in Schachteln aufbewahrt. Siehe hierzu auch den Vitrinenbahner weiter unten.

… Spielbahner?

Grundsätzlich spielen Modelleisenbahner im gesetzteren Alters nicht, denn diese Tätigkeit wird – so die Befürchtungen der Betroffenen – zu nahe an Playmobil- oder Lego- (also „echten“) Spiel-Bahnen gerückt.

Tatsächlich spielt ja jeder mit seiner Modelleisenbahn, die mehr oder weniger Modell ist: Bauen, Verbessern, Umbauen oder nur Fahren, nach oder ohne Plan – die Ausprägungen sind halt nur sehr unterschiedlich.

Das Fahrvergnügen eines Spielbahners kann aber noch gesteigert werden: Züge verschieder Maßstäbe werden nach Belieben gemischt, mitunter mit Science-Fiction-Figuren garniert (je nach Saison und vorherrschenden Filmthemen) und der Phantasie ist im Grunde keine Grenzen gesetzt.

Die Detailtreue zum Vorbild ist nicht so wichtig, wenn es dem Hersteller gelingt, mit blumigen Worten einige Fakten des Vorbilds mit phantasievollen Beschreibungen des Produkts und seine angebliche Authentizität in der Umsetzung zu verbinden.

Allein, es zählt das Gefühl, mit einem „Etwas“ zu spielen, was in der Realität irgendwo seine Entsprechung hat/haben könnte … oder so ungefähr zu mindest!

… Spaßbahner?

Ein Spaßbahner ist im Grunde ein Spielbahner, der aber die Betitelung als Spielbahner möglichst und weit von sich weist. Man könnte ihn auch als die militante Variante eines Spielbahners bezeichnen.

Wie der Spielbahner sind in Wirklichkeit alle Gartenbahner mehr oder weniger Spaßbahner, weil sie Spaß an ihrem Hobby haben. Aber in dieser Definition zeigt sich eine Variante, die ihren Ursprung im Karneval, der Fastnacht oder dem Fasching haben könnte:

Es gibt für den Spaßbahner nichts ernsteres als den Spaß!

Und immer wieder hervorgehoben werden muss, mit eindringlicher Betonung, …

… wie wichtig doch für alle der Spaß am Hobby ist!

Das scheint sich zunächst gegenseitig auszuschließen, aber der Spaßbahner ist ständig auf der Hut vor Anfeindungen, um in ernster Sorge um sein Hobby den Spaß notfalls auch mit Klauen und Zehen gegen „Andersgläubige“ zu verteidigen. Ärgste Gegner sind die von ihm so betitelten Nietenzähler und Pufferküsser (zu deren Definitionen komme ich später noch). Sie zählen alle Unstimmigkeiten an seinen Modellen auf und drohen, ihm den Spaß zu verleiden.

Er ist tolerant, auch andere Varianten des Hobbys zu beklatschen, und liebt faire und ausgeglichene Diskussionen, sofern sie seine Meinung untermauern und gegenteilige Meinungen möglichst nicht zu Wort kommen, zumindest aber nicht die Oberhand gewinnen.
Der Spaßbahner ist per se liberal – meint er – aber so in seinem Blümchen verziertes Selbstbild gefangen, dass bereits erwähnte Nietenzähler weitesgehend aus seiner Spaßbahn-Welt ausgesperrt bleiben. Nichts soll sein heiles Eiland durcheinanderbringen, denn was sein Weltbild betrifft, versteht er überhaupt keinen Spaß!

… Vitrinenbahner?

Die Loks des Vitrinenbahners sind maximal einmal zum Test gelaufen. Auch erhofft er sich einen gewissen Wert beim Wiederverkauf, der dann allerdings in der Regel nicht eintritt, weil beim Erreichen eines solchen Mehrwerts der Vitrinenbahner selbst schon das Zeitliche gesegnet hat.

Wie schon beim Schachtelbahner erwähnt, bleiben die Modelle teils in Vitrinen, teils in Schachteln verpackt, sehen vielleicht nie oder nur bestenfalls durch eine Klarsichtfolie kurz das Tageslicht und tragen zu dem für den Vitrinenbahner schönstem Gefühl bei, als Besessener etwas besitzen zu können.

Vitrinenbahner sind dennoch in der Lage, einzelne Stücke wieder abzugeben, wenn im Gegenzug ein anderes, wichtigeres für die Sammlung zu bekommen ist.

Wären Modellloks und -wagen Tiere, so würde man von einem Tierheim sprechen oder gar von einem Gefängnis. Gleichwohl wird der Versuch, die Fahrzeuge aus diesem Gefängnis gewaltsam zu befreien als Einbruchdiebstahl strafrechtlich verfolgt. So ungerecht kann die Welt also sein …


Zum 2. Teil

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